Hochsensibilität, auch als sensorische Verarbeitungsstörung (Sensory Processing Sensitivity, SPS) bekannt, ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das durch eine erhöhte Sensibilität des zentralen Nervensystems und eine tiefere kognitive Verarbeitung sensorischer Input charakterisiert wird. Personen mit Hochsensibilität, oft als hochsensible Personen (Highly Sensitive Persons, HSPs) bezeichnet, nehmen subtile Reize aus ihrer Umwelt intensiver wahr und verarbeiten diese tiefer als andere.
Merkmale der Hochsensibilität:
Erhöhte sensorische Wahrnehmung: HSPs nehmen feinste Details und Veränderungen in ihrer Umgebung wahr, wie Geräusche, Gerüche, visuelle Eindrücke oder emotionale Stimmungen anderer Menschen.
Tiefe Verarbeitung: Die Reize werden nicht nur intensiver, sondern auch umfassender und tiefgründiger verarbeitet. Dies führt oft zu einer intensiveren emotionalen Reaktion und einem tieferen Nachdenken über Erlebnisse und Erfahrungen.
Emotionale Reaktivität und Empathie: Hochsensible Menschen zeigen häufig eine stärkere emotionale Reaktion auf positive und negative Ereignisse und besitzen ein hohes Mass an Empathie, was sie besonders empfänglich für die Emotionen und Bedürfnisse anderer macht.
Überstimulation: Aufgrund der intensiven Wahrnehmung und Verarbeitung neigen HSPs dazu, schneller überstimuliert zu werden. Dies kann zu Stress, Überforderung und dem Bedürfnis nach Rückzug führen, um sich zu erholen.
Bewusstsein für Feinheiten: HSPs sind oft besonders aufmerksam und gewissenhaft, erkennen Details und Zusammenhänge, die anderen möglicherweise entgehen.
Theoretischer Hintergrund:
Die Theorie der Hochsensibilität wurde in den 1990er Jahren von der Psychologin Elaine N. Aron entwickelt. Aron und ihre Kollegen untersuchten die neurobiologischen Grundlagen und psychologischen Auswirkungen dieses Persönlichkeitsmerkmals. Studien haben gezeigt, dass Hochsensibilität genetische und neurobiologische Wurzeln hat, wobei Unterschiede in der Gehirnaktivität und -struktur bei HSPs im Vergleich zu nicht-HSPs festgestellt wurden.
Abgrenzung zu anderen Konzepten:
Hochsensibilität ist von anderen Konzepten wie Angststörungen oder sensorischen Integrationsstörungen abzugrenzen. Während HSPs eine erhöhte Empfindlichkeit und tiefere Verarbeitung von Reizen erleben, bedeutet dies nicht zwangsläufig eine pathologische Störung, sondern stellt ein Kontinuum von sensorischen Erfahrungen und Reaktionen dar.
Insgesamt beschreibt Hochsensibilität eine normalvariierende Eigenschaft, die sowohl Stärken als auch Herausforderungen mit sich bringt, und deren Verständnis für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen von grosser Bedeutung ist.